Der Betrieb JaNatur Wegendorf (ehemals Hof Stolze Kuh) betreibt bäuerliche Milchviehhaltung mit Zweinutzungsrassen in ganzjähriger Weidehaltung. Im Jahr 2022 kaufte Betriebsleiter Janusz Hradezky gemeinsam mit der Kulturland eG 70 Hektar Ackerland im brandenburgischen Wegendorf und wechselte von seinen bisherigen Pachtflächen in Stolzenhagen dorthin. Die übernommenen Flächen wurden bisher homogen bewirtschaftet und waren durch Erosionsprobleme und Strukturarmut gekennzeichnet. Bei Janusz Hradezky entstand die Vision, eine neue, wasserrückhaltende Landwirtschaft aufzubauen, die nicht nur auf wirtschaftliche Nahrungsmittelproduktion und Ertragsoptimierung ausgerichtet ist. Für ihn soll Landwirtschaft auch Landkultur und Landschaftspflege sein.
Deshalb ist der Betrieb Projektpartner von „Wasser auf den Flächen halten!“. Das Klimapraxis-Projekt zielt darauf ab, Maßnahmen zu identifizieren, die der Landwirtschaft helfen, besser mit Wasserknappheit durch Dürre sowie mit gelegentlichen Starkregenereignissen umzugehen. Dazu werden in ausgewählten Brandenburger Be-trieben exemplarisch Maßnahmen zur Wasserrückhaltung geplant und umgesetzt.
Ein völliger Neuanfang zur Gestaltung einer Fläche benötigt viel Achtsamkeit, Geduld und auch Mut zur Veränderung. In diesem Sinne lag der Schwerpunkt unseres Projekts hier in der vollumfänglichen Analyse, die viele Zeit- und Energieressourcen benötigte. Planerisch begleiten uns Stefanie Harwart (Firma Kompostino) und Katja Kruse (Firma VerbindungsVielfalt). Im Planungsprozess analysierten sie zunächst die Hydrologie der Fläche und das Abflussgeschehen.
Mittig des Ackers verläuft eine Wasserscheide, die Grenze zweier Flusseinzugsgebiete, von der höchsten Erhebung im Norden entlang eines Kamms bis zur südwestlichen Grundstücksecke. Entlang dieser Grenze fließt Wasser entweder nach Westen zum Mühlenfließ oder nach Osten zum Werderfließ. Der Nordteil der Fläche erreicht Gefälle bis 6 Prozent, die zu einem deutlichen Abflussgeschehen führen. Neben einem verstärkten Oberflächenabfluss besteht die Gefahr einer fortschreitenden Erosion, die kontinuierlich Bodensubstanz von den Kämmen in die Talmulden verlagert oder vollständig von der Fläche wegspült. Das kann zu sanddominierenden Hügeln und schluffigen Mulden führen. Beides verstärkt zusätzlich den Verlust von Wasser und erschwert die landwirtschaftliche Bearbeitung der Fläche.
Um dies zu verhindern, wurde im Rahmen unseres Projektes ein 15 Hektar großer Ackerabschnitt neugestaltet, auf dem das Abflussgeschehen am deutlichsten ausgeprägt war. Zwei Keylines wurden gezogen, um den Oberflächenabfluss im nördlichen Ackerabschnitt von der Anhöhe bis hin zur Abflussrinne stoppen. Sie verlaufen am Hang, parallel zu den Höhenlinien und senkrecht zum Abflussgeschehen. Die Keylines wurden von Berater Philipp Paeslack geplant und vom Betriebsleiter selbst mit einem neu gekauften Schlepperaufsatz gezogen, der als Tiefenlockerer fungierte. Leider musste wir im Herbst 2024 feststellen, dass der bewirtschaftende Lohnunternehmer die beiden Keylines beim Einsäen komplett überarbeitet hat. Solche Strukturen sind eben etwas Neues. Wir haben beide Keylines neu gezogen und zusätzlich in einer tiefen Senke am Westrand des Schlages ein Retentionsbecken angelegt, in das das abfließende Niederschlagswasser aus dem Nordteil gezielt geleitet werden kann.
Neben den hydrologischen Planungen wurden auch die Bodeneigenschaften ermittelt, um die Infiltrationsfähigkeit und das Wasserspeichervermögen der Ackerböden beurteilen zu können. Es fanden Ausgrabungen von Bodenprofilen statt, bei denen die Krümelmächtigkeit, die Gefügeart, die Humusmächtigkeit und die Durchwurzelbarkeit be-stimmt wurden. Der vorherrschende Bodentyp sind schwach lehmige Sande mit geringem Humusgehalt. Der Humushorizont ist auf eine Mächtigkeit von maximal einem Zentimeter beschränkt. Der Boden ist nur schwach und unregelmäßig durchwurzelt. Das Krümelgefüge ist bis in eine Tiefe von maximal 12 cm vorhanden, darunter folgen kantige Fragmente mit Größen im Zentimeterbereich. Die Prüfung der pH-Werte ergab einen Mangel an freiem, reaktivem Kalk. Die Basensättigung war nicht ausgeschöpft und ein ungünstiges Nährstoffverhältnis zwischen Ca- und Mg-Ionen hemmte die Bildung von Ton-Humus-Komplexen. Um die Infiltrations- und Wasserspeicherkapazität zu verbessern und der Erosion entgegenzuwirken, soll wieder ein stabiles Bodengefüge aufgebaut und damit der Anteil an organischer Substanz im Boden erhöht werden. Die Umsetzung der daraus resultierenden Empfehlungen durch den Betriebsleiter geht weit über die normale landwirtschaftliche Düngung hinaus.
Der erste Schritt in eine neue Struktur auf diesem noch homogenen Acker ist gemacht, dem noch viele, weitere Strukturen folgen sollen. Außerhalb der Förderung durch unser Projekt plant der Betrieb, Bäume entlang beider Keylines zu pflanzen.
Fotos: Katja Kruse