Staudämme und Sohlgleiten imitieren als dezentrale Maßnahmen des Wasserrückhalts natürliche Regulierungsmechanismen. Der Wasserfluss wird verlangsamt, der Wasserstand angehoben und das Wasser hat mehr Zeit und Raum, in den Boden zu infiltrieren.
In naturnahen Fließgewässern gibt es verschiedene Mechanismen zur Kontrolle des Abflussverhaltens. Bei einem Gefälle unter 4% bilden Flüsse Mäander, die den Wasserfluss verlangsamen und ein Gleichgewicht von Erosion und Sedimentation schaffen. In Gewässern mit einem Gefälle über 4% übernehmen abgestufte Becken diese Funktion. Werden diese natürlichen Dynamiken gestört, bspw. durch die Begradigung und Kanalisierung eines Flusses, erhöht sich die Fließgeschwindigkeit, was Niedrigwassersituationen und Tiefenerosion begünstigt. Das Errichten von kleinen Staudämmen oder Sohlgleiten/-rampen kann diesen Entwicklungen entgegenwirken, indem es die natürlichen Regulierungsmechanismen imitiert.
Durch das Anstauen des fließenden Wassers hinter einer Barriere, kann es sich über einen größeren Teil der Oberfläche der Drainage ausbreiten. Der Wasserfluss wird verlangsamt und der Wasserstand angehoben. Das Wasser hat mehr Zeit und Raum, um in den Boden zu infiltrieren. Die geerntete Feuchtigkeit steht der Umgebung länger zur Verfügung und kann auch zur Grundwasser-Neubildung beitragen. In permanent wasserführenden Gewässern stellt die strömungsberuhigte Zone hinter dem Damm einen wichtigen Lebensraum für viele aquatische Lebewesen da. In Abflussrinnen, die aufgrund fehlender Vegetation erodiert sind, kann der Rückhalt von Sedimentfrachten und organischem Material Pflanzenwachstum befördern. Flussabwärts verringert sich das Risiko von Überschwemmungen und Erosion wird abgebremst. Die Filterwirkung der Querbauwerke können außerdem die Wasserqualität positiv beeinflussen.
Die Anlage von Staustrukturen macht Sinn in erodierenden Gewässern mit zu schnellem Abflussverhalten und hohen Sedimentfrachten. Dies können saisonale Abflussrinnen in Hanglagen, künstlich geschaffene Gräben oder begradigte und kanalisierte Fließgewässer sein. Sie können Renaturierungsprozesse unterstützen oder initiieren, oder eingesetzt werden, wenn andere Renaturierungsmaßnahmen zu teuer, aufwendig oder invasiv sind. In Deutschland muss in der Mehrheit der Fälle für das Anstauen von Fließgewässern eine behördliche Genehmigung eingeholt werden.
Die Gestalt der stauenden Struktur bestimmt maßgeblich die Art ihrer Wirksamkeit. Im Gegensatz zu großen Staudämmen, Wehren und Sohlschwellen, können viele kleine, aufeinander folgende Staue das gesamte Flussbett gleichmäßig anheben. Der Wasserfluss wird von diesen Strukturen nie gänzlich unterbrochen, sondern lediglich verlangsamt. Sie sind in der Regel niedrige, teilweise durchlässige Barrieren, die aus verschiedenen Materialien errichtet werden können. Sohlrampen oder Sohlgleiten gehen auf ihrer flussabwärts gelegenen Seite in die Gewässersohle über und sind durch ihr flaches Gefälle auch für wandernde Fische und andere Lebewesen passierbar.
Die Anlage von Sohlgleiten und Staudämmen ist unkompliziert und leicht händisch umzusetzen. Wichtig ist, dass die Barriere innerhalb eines geraden Flussabschnitts im 90°-Winkel zum Wasserfluss errichtet wird und die gesamte Breite der Rinne abdeckt, um nicht eine Erosion der Ufer zu befördern, wenn das Wasser sie herum strömt. In der Flussmitte kann die Struktur zusätzlich etwas tiefer gestaltet werden. Soll das Wasser aktiv umgelenkt werden, z.B. um ein Mäandern zu initiieren, kann der Querverbau schräg zum Wasserfluss errichtet werden.
Welches Material verwendet wird, hängt von den vorhandenen Ressourcen und der Zielstellung der Anlage ab. Für Sohlgleiten werden meist Steine verwendet; Staudämme können ebenfalls aus Steinen, oder auch aus Sandsäcken oder Holz und anderem Pflanzenmaterial errichtet werden. Steine halten größere Partikel, wie Sand oder Kies, während sich feinere Partikel, wie Ton und Schluff, in stehenden Gewässern absetzen und nur durch Vegetation dauerhaft fixiert werden können. Werden Steine verwendet, sollten diese zwecks Stabilität größer sein als die Mehrheit der bereits im Gewässer vorhandenen Steine. Steindämme können mit Kieseln oder anderem feinen Material gefüllt werden, um einem Ausspülen durch kanalisierte Wasserströme in den Lücken vorzubeugen. Um die Ansiedelung von Vegetation zu ermutigen können Samen ausgebracht oder Steckhölzer gesteckt werden.
In den USA ist der Bau von kleinen, naturnahen Staudämmen und Sohlgleiten als Renaturierungs-/ Sanierungsmaßnahme von Fließgewässer-Ökosystemen bereits geläufiger, und sowohl in der Praxis als auch in der Theorie vielfach erprobt. Eine oft eingesetzte Form von Staudämmen sind sogenannte beaver dam analogs (zu Deutsch Biberdamm-Analoge) oder kurz BDAs. BDAs sind künstlich geschaffene Strukturen, die Biberdämme imitieren. Durch die starke Bejagung des Bibers verschwand die Art aus großen Teilen des Landes, und mit ihrem Verschwinden veränderte sich die nordamerikanische Wasserlandschaft. Biberdämme verlangsamen den Wasserfluss. Fehlen sie, erodieren die Uferzonen immer weiter und die Flüsse schneiden sich immer tiefer in ihr Bett. Der Wasserspiegel sinkt, was sich negativ auf die umliegende Vegetation und die Grundwasserspiegel auswirkt. BDAs bestehen aus unbehandelte Holzpfählen, die senkrecht in den Boden geschlagen werden. In die Zwischenräume werden Weidenzweige oder andere vergleichbare Materialien eingeflochten. Die Strukturen fangen Sedimente und organisches Material ab und heben die Wasserstände an, was die Wiederansiedelung von Vegetation fördert.
Eine permakulturell inspirierte Form von Sohlgleiten, die sich sowohl in saisonalen, als auch permanenten Fließgewässern arider und semi-arider Gegenden bewährt hat, sind die sogenannten one rock dams, kurz ORDs. ORDs zeichnet aus, dass sie nur „einen Stein hoch“ sind. Die geringe Höhe verhindert die Entstehung eines starken, erosionsfördernden Gefälles unterhalb der Struktur, erhöht ihre Stabilität und vereinfacht die Ansiedlung von Vegetation. Die Steine werden in mehreren Reihen, möglichst lückenlos ausgelegt. Die unterste Reihe kann teilweise eingegraben werden, um die Struktur zu verankern. Sind die ersten one rock dams mit Sediment gefüllt, kann darauf eine neue Generation ORDs entstehen. So kann das Flussbett sukzessive immer weiter angehoben werden.
Fotos: Jeremiah Kidd, San Isidro Permaculture