Waldumbau

Für die Wasserbilanz und die Kühlung unserer Landschaft ist die Struktur ihrer Wälder von großer Bedeutung. Im Vergleich zu Nadelgehölzen weisen Laubgehölze einen deutlich verstärkten Kühleffekt auf und leisten einen höheren Beitrag zur Grundwasserneubildung.

Die Wälder in Brandenburg bestehen zu siebzig Prozent aus Kiefernmonokulturen. Deutschlandweit ist die Kiefer mit 23 Prozent nach der Fichte mit 26 Prozent die am häufigsten vorkommende Baumart. Die Rotbuche als häufigste Laubbaumart macht hingegen nur sechzehn Prozent der Waldbestände aus. Diese deutliche Dominanz der Nadelhölzer in unseren Wäldern ist eine Folge der ökonomisch orientierten Forstwirtschaft. Nadelhölzer wachsen schneller als Laubbaumarten, sind in der Regel anspruchsloser und weniger anfällig für Wildverbiss. Die Pflanzung von Nadelholzplantagen mit Bäumen gleicher Art und gleichen Alters ist ausgerichtet auf maschinelle Pflege und industrielle Produktion.

Insbesondere die letzten Jahre zeigen jedoch deutlich die Grenzen dieser Systeme auf. Zunehmende Wetterextreme wie Hitze, Trockenheit und Gewitterstürme schwächen die Waldbestände, wobei sich nadelholzdominierte Monokulturen besonders anfällig zeigen. Die Reinbestände sind weniger widerstandsfähig gegen Windwürfe und begünstigen die Vermehrung von Schadinsekten, wie dem Borkenkäfer. Auch die Böden leiden unter der eintönigen Dauerkultur; Nährstoffverarmung und Versauerung sind die Folgen.

Der Begriff des Waldumbaus bezeichnet die Umstellung von nicht standortgerechten Fichten- und Kiefernreinbeständen hin zu vielfältigen Misch- oder Laubbeständen. Ein Wald, der verschiedene Baumarten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien beherbergt, hat eine höhere Resilienz gegenüber Klimaschwankungen, Extremwetterereignissen und Schädlingsbefall und übernimmt wertvolle ökologische Funktionen.

Waldumbau und Wasserretention

Auch für die Wasserbilanz und die Kühlung unserer Landschaft ist die Struktur ihrer Wälder von großer Bedeutung. Im Vergleich zu Nadelhölzern weisen Laubgehölze einen deutlich verstärkten Kühleffekt auf. Die höheren Beschattungs- und Verdunstungswerte während der Sommermonate sorgen für ein ausgeglicheneres Klima innerhalb und außerhalb des Bestandes. Der Waldboden bleibt länger feucht und die Gefahr von Dürren und Bränden ist erheblich reduziert.

Im Jahresverlauf leisten Laub- und Mischbestände außerdem einen höheren Beitrag zur Grundwasserneubildung. Während Nadelhölzer ganzjährig Wasser über Transpiration in die Atmosphäre abgeben, ziehen Laubbäume nach dem Laubfall im Herbst bis zum Austrieb im Frühling kein Wasser aus dem Boden. Zusätzlich ist in dieser Zeit die Interzeptionsverdunstung deutlich verringert (Verdunstung des auf den Pflanzenoberflächen befindlichen Wassers nach Regen, durch Tau und so weiter). In der Folge kann wesentlich mehr Wasser in den Boden sickern und dort die Grundwasservorräte anreichern.

Ein weiterer Vorteil des Laubfalls ist die Anreicherung des Bodens mit Humus. Ein humoser Boden kann Niederschlagswasser besser aufnehmen und speichern, was vielfältige Vorteilswirkungen mit sich bringt. Oberflächenabfluss und Erosionserscheinungen werden reduziert und Infiltration erleichtert. Ein Teil des infiltrierten Wassers sickert in tiefere Bodenschichten, wo es zur Grundwasserneubildung beiträgt, während ein anderer Teil als pflanzenverfügbares Wasser in den Bodenporen gehalten wird. Dieser sogenannte Bodenwasserspeicher ermöglicht den Bäumen Trockenzeiten zu überstehen.

Standortgerechte Laubbaumarten

Die Förderung und Einbringung standortgerechter Laubbaumarten ist insbesondere für durch Windwurf, Dürre, Waldbrände oder Schädlingsbefall stark geschädigte Waldflächen oder Kahlschläge von Bedeutung, auf denen eine Wiederaufforstung nötig ist. Auch in jungen Beständen sowie im Vor- und Unterbau können jedoch Maßnahmen ergriffen werden, die die Etablierung standortgerechter Baumarten und eine größere Baumartenmischung fördern. Sowohl die EU, als auch Bund und Länder stellen finanzielle Mittel bereit, die insbesondere für Privatwaldbesitzer*innen zur Verfügung gestellt werden. Die genauen Förderungsmechanismen variieren je nach Bundesland.

Die Auswahl der Baumarten sollte an die lokalen Böden und das lokale Klima angepasst werden. Neben endemischen Arten, wie der Hainbuche und verschiedenen Ahorn- und Lindenarten setzen Förster*innen zunehmend auch auf nicht-heimische Arten, wie die Douglasie oder die Roteiche. Eine Mischung verschiedener Arten und Altersklassen ist wichtig, um der Entstehung großer Kahlflächen bei Kalamitäten vorzubeugen. Durch den Wechsel von Licht- und Schattenholzarten sowie Tief- und Flachwurzlern kann die Waldfläche besser genutzt werden.

Umsetzung

Die einfachste und kostengünstigste Methode, um die bestehende Waldstruktur zu verändern, ist über Naturverjüngung. Hierbei werden gezielt hiebsreife Einzelbäume entnommen. Der erhöhte Lichteinfall in den entstehenden Lücken ermöglicht das Wachstum von Keimlingen und Jungbäumen aus Samen der umstehenden Bäume. Im Gegensatz zur Pflanzung von Setzlingen auf Kalamitätsflächen sind die Jungbäume weiterhin vor Hitze und Austrocknung geschützt.

Nicht immer kann ein Baumartenwechsel jedoch allein durch Naturverjüngung initiiert werden. Dies kann nur gelingen, wenn es Samenbäume geeigneter Baumarten in der Umgebung gibt, die das nötige Genmaterial in den Bestand einbringen. Samen von Kiefer, Birke oder Pappel können auch aus größerer Entfernung in einen Bestand eingeweht werden. Eichen- und Buchensamen werden durch Eichelhäher oder Eichhörnchen verbreitet. Wenn Naturverjüngung keine Option ist oder es sich um große Kalamitätsflächen handelt kann der Waldumbau durch Direktsaat oder Pflanzung eingeleitet werden. Auch für die Etablierung nicht standorttypischer Arten ist dies nötig.

Einige Baumarten lassen sich auch unter den Kronen der alten Bäume heranziehen, da sie besonders schattenverträglich sind. Neben der Rotbuche können auch Weißtanne, Hainbuche, Linde oder Bergahorn in diesem sogenannten Voranbau kultiviert werden. Um den Jungaufwuchs vor Wildverbiss zu schützen müssen ggf. Schutzmaßnahmen ergriffen werden. In der Regel wird zusätzlich die Wilddichte durch gezielte Jagd reguliert.

Auch die Gestaltung der Waldränder ist eine wichtige Maßnahme im Waldumbau. Der Übergang von Wald zu Offenland ist natürlicherweise eine Zone großer Vielfalt, die viele Tier- und Pflanzenarten beherbergt. Dicht und stufig bewachsen, schützt diese Zone das Waldinnere vor Austrocknung durch Wind und Sonne. Hasel, Holunder, Beerensträucher et cetera sind klassische Waldrand-Gehölze.

Waldumbau in Brandenburg

Der Landwirtschaftsbetrieb Gut&Boesel bewirtschaftet auf seinen Flächen im brandenburgischen Alt Madlitz unweit von Berlin 2000 Hektar Forst. Ein Großteil der Flächen ist mit 40-60 Jahre alten Kiefernmonokulturen bestanden und liegt auf sehr armen grundwasserfernen Sandböden. Im Winter 2021 startete dort ein erstes großes Waldumbauprojekt. Mittels Direktsaat und Pflanzung werden standortangepasste Laubbaumarten eingebracht, um einen multifunktionalen, klimaresilienten Mischwald zu etablieren. Das Projekt wird gefördert von ecover und wissenschaftlich begleitet durch die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde. Auf fünf jeweils 1,5 Hektar großen Versuchsflächen werden verschiedene Methoden von Kahlschlag mit anschließender diverser Aufforstung, über Naturverjüngung hin zu syntropischer Forstwirtschaft ausprobiert.

Fotos: Marie Mensch und Christian Ihle